4-Tage-Woche – kann das gut gehen?

25. Januar 2024

2023 beherrschte das Thema Fachkräftemangel wie wenig andere. Die demografische Entwicklung in Deutschland zeigt schon seit Jahren einen Rückgang der Geburten. Auch wenn wir hierzu keine Statistiken bemühen, erkennen wir seit einiger Zeit, dass sowohl im Bereich der Bewerber für Ausbildungsstellen aber auch bei den regulären Arbeitsstellen die Besetzung immer schwieriger wird.
War es anfangs noch so, dass man einen Bewerber mangels passenden Settings aus Qualifikation, Arbeitsbereitschaft usw. ablehnte, hat sich die Situation in den vergangenen zwei bis drei Jahren weitaus vielfältiger gezeigt. Unsere Ausbildungsstellen mit qualifizierten Bewerbern zu besetzen, gleicht aktuell einer Herkulesaufgabe unserer Personalabteilung, da wir als mittelständisches Unternehmen mit ca. 30 Mitarbeitern immer in Konkurrenz zu den großen Betrieben aus der Bau- und Automobilbranche – oder sonstiger Industrie stehen. Ist es bei den Jugendlichen noch so, dass große Unternehmen vermeintlich „einen sicheren Arbeitsplatz“, „einen coolen Job“ suggerieren, so ist es aber durchweg ein Gehaltsgefüge, bei dem kleine und mittlere Unternehmen oft das Nachsehen haben.
Nur bringt es uns als Ingenieur- und Beratungsunternehmen nichts, zu jammern und den Kopf in den Sand zu stecken. Vielmehr liegt es an uns, hier Rahmenbedingungen zu schaffen, die andere nicht bieten können oder wollen.

So hat die in der Corona-Krise geborene Not des „Home-Office“ bei uns einen Ansporn hervorgerufen, unser Büro bestmöglich zu digitalisieren. Dies bietet uns, das Homeoffice zu leben. Anders als in vielen Debatten und Diskussionen des vergangenen Jahres haben wir bewusst den Weg dahin eingeschlagen, mobiles Arbeiten als Standard bei uns zu etablieren und nicht wieder die Rückkehr ins Büro vorzuschreiben. Die Freiheit, arbeiten zu können, von wo aus man will – vorausgesetzt Internet ist verfügbar 😉 – schafft für jeden einzelnen die Möglichkeit, seinen Alltag besser zu organisieren (Handwerker empfangen, Pakete annehmen, etc.). Die Erfahrung zeigt dabei absolut erfreulich – ebenso aus Sicht des Unternehmers, dass die Mitarbeiter auch gerne ins Büro kommen, um sich ab und an mit den Kollegen auszutauschen … immerhin sind wir alle noch soziale Wesen.
Dank der Möglichkeit, fast vollständig digital arbeiten zu können, bieten wir gegenüber anderer Unternehmen ein Benefit für potenzielle Bewerber, die nicht in der Nähe ihrer Arbeitsstätte wohnen. Das erweitert die Reichweite für Arbeitssuchende und bietet uns bessere Möglichkeiten den perfekten Kandidaten zu finden.

Ergänzt wurde diese örtliche Flexibilität in der Vergangenheit dann schrittweise mit einer einhergehenden zeitlichen Flexibilität. So etablierte sich ein Kern-/ Gleitzeitmodell, dass es jedem ermöglicht, Familie und/ oder Freizeit mit der Arbeit in Einklang zu bringen.
All diese Änderungen in unserer Arbeitslandschaft lassen aber nicht verkennen, dass Arbeit immer noch mit Stress, Herausforderung und Anstrengungen verbunden ist. Und da auch wir als Ingenieur- und Beratungsunternehmen uns den wirtschaftlichen Zwängen und Gegebenheiten stellen müssen, sind neben den Herausforderungen des Fachkräftemangels auch die der Wirtschaftlichkeit zu meistern. Daher kann eine Entwicklung von althergebrachten Arbeitsmodellen der Vergangenheit hin zu einer Work-Life-Balance, die oft schon den Eindruck hin zu einer Life-Life-Balance bringt, nur gelingen. Als Unternehmer sehe ich die Verantwortung darin, offen allen Vorschlägen und Ideen entgegenzutreten und mit den unternehmerischen und wirtschaftlichen Belangen abzuwägen. Genauso wichtig ist es hierbei aber auch, dass die Mitarbeitenden ein Verständnis zur Unternehmensführung entwickeln. Arbeit kann in einer immer mehr zunehmenden Version Freiheit nicht mehr nur an der bloßen Anwesenheit gemessen werden, vielmehr ist es der gemeinsame Erfolg. Nur so gelingt ein Wandel hin zu einer beidseits gewinnbringenden Work-Life-Integration.

Gerade deshalb war es nur die logische Konsequenz, unseren Weg weiterzugehen und neben der Flexibilität von Ort und Zeit das Thema ganzheitlich weiterzuentwickeln. So werden wir ab Februar bei uns im Unternehmen die 4-Tage-Woche flex implementieren. Dieses Modell zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Möglichkeit besteht am Flex-Freitag gegebenenfalls notwendige Dinge oder Stunden verschieben zu können, um noch mehr Flexibilität bieten zu können sowie stets auf die Bedürfnisse unserer Kunden und Partner eingehen zu können. Im Idealfall soll sie helfen, die höchst anspruchsvolle Tätigkeit der Brandschutz- und Sicherheitsplanung noch zielorientierter und effizienter zu gestalten. Für die Mitarbeitenden entsteht ein zusätzlicher freier Tag und es bietet sich mehr Raum und Zeit für Erholung, Familie, Hobbys oder persönliche Interessen, für den Unternehmer die Hoffnung, noch motiviertere Mitstreiter für seine Ideen zu gewinnen.

Dieser Schritt ist in der heutigen Zeit noch eher die Ausnahme und wird dabei auch sehr kontrovers diskutiert. An dieser Stelle sei auch noch erwähnt, dass dieses neue Arbeitsmodell keine Minderung an Output unserer Dienstleistung bedeuten wird und kann, denn schließlich erfolgt die 4-Tage-Woche einhergehend mit einer Arbeitszeitreduzierung bei einer Vollzeitkraft mit gleichbleibendem Gehalt. Vielmehr bestärkt mich als Unternehmer hier die Überzeugung, dass bei effektiverer und effizienterer Arbeit an vier Arbeitstagen, die gleiche Dienstleistungserbringung möglich ist, wie an fünf Arbeitstagen.

Selbstverständlich lebe auch ich als Unternehmer nicht in einer Traumwelt, in der im Idealfall man ohne Arbeiten auch Millionär werden kann. Daher konnte ich mich mit diesem Modell auch nur deshalb anfreunden, weil ich der Auffassung bin, dass die 4-Tage-Woche nicht nur als Einbahnstraße vom Unternehmen in Richtung Belegschaft funktioniert, sondern in beide Richtungen. Denn diese 4-Tage-Woche in Verbindung mit einer eigenverantwortlichen, selbstbestimmten Tätigkeit – wie es bei uns der Fall ist – funktioniert nur, wenn von Unternehmensseite ein Vertrauensvorschuss gegeben und dieses Vertrauen durch die Mitarbeitenden wiedergeben wird. Und nur, weil ich bei meinem Team der festen Überzeugung bin, dass ich mich darauf verlassen kann, kann ich diesen Weg einschlagen.

Das Team hat mich überzeugt, jetzt liegt es an uns, auch unsere Kunden davon zu überzeugen, dass unsere Dienstleistung, unsere Qualität und unser Service nicht darunter leiden. Vielmehr noch, dass hochmotivierte Mitarbeiter eine Dienstleistung bieten, die höchste Zufriedenheit auf Kundenseite erzeugt. So kann aus der 4-Tage-Woche ein Erfolgsmodell werden 😊